Warum “Kalorien sparen” NICHT beim Abnehmen hilft.

Warum Kalorien Sparen nicht hilft.

Wenn du abnehmen möchtest, musst du KALORIEN sparen, ganz einfach. Weniger Kalorien aufnehmen, mehr Kalorien verbrauchen. Das klingt logisch, hat aber noch nie funktioniert. Denn unser Körper ist keine mathematische Gleichung. Gesetze der Thermodynamik lassen sich nicht auf unsere komplexe Physiologie anwenden. Woran das liegt und wie Abnehmen dennoch gelingen kann, soll Gegenstand meines heutigen Artikels sein.

Die Kalorienhypothese ist falsch

Wenn unser Körper eine mathematische Gleichung wäre, könnten wir möglicherweise leichter abnehmen. Dann müssten wir einfach nur weniger essen und uns mehr bewegen – wie es übrigens permanent empfohlen wird -und wir würden die überflüssigen Kilos spielend verlieren. Klappt aber nicht, wie wir schon häufig erlebt haben.

Kalorien sparen hilft nicht, das haben wir schon gemerkt.
Photo Credit: Robin Higgins auf Pixabay

Die Kalorienhypothese, nach der wir leben, funktioniert schlicht und ergreifend nicht. Es gibt zahlreiche Experimente in denen Versuchsteilnehmer „gemästet“ werden sollten und nur unter größten Mühen überhaupt zunehmen konnten [1].

Ebenso haben wir es vielleicht schon selbst erlebt oder wir kennen Menschen, die super wenig essen und kein Gramm abnehmen. Das kann doch nicht sein, glauben wir, wahrscheinlich naschen sie heimlich. Müssen sie nicht, unser Körper ist nämlich super clever und passt sich an die Energiezufuhr an. Sonst wären unsere Vorfahren alle verhungert und die Menschheit ausgestorben, wenn es mal eine zeitlang nichts zu essen gab. Was ist das Geheimnis?

Unser Körper funktioniert wie ein Thermostat

Unser Körper reagiert mehr wie ein Thermostat als wie eine mathematische Gleichung.

Was macht ein Thermostat? Wir stellen die Raumtemperatur (der Klimaanlage) auf 23 Grad. Und weil uns das zu kalt ist, stellen wir einen Heizlüfter auf, um den Raum aufzuheizen.

Kalorien-sparen
Photo Credit: KANGHEE HAN auf Pixabay

Was macht der Thermostat (bzw. die Klimaanlage), er kühlt den Raum mehr, um die eingestellten 23 Grad wieder zu erreichen. Da es immernoch zu kalt ist, stellen wir einen zweiten Heizlüfter auf und es wird nicht wärmer, da das Rückkopplungssystem des Thermostats feststellt, dass es zu warm ist und noch mehr kühlt. Das funktioniert natürlich in beide Richtungen. Aber was hat das mit den Kalorien und unserem Gewicht zu tun?

Der Stoffwechsel passt sich an

Unser Körper hat das Ziel, das bestehende Gewicht zu erhalten, wir nennen das einen „Setpoint“, also die eingestellte Temperatur, die der Thermostat erhalten soll.

Wenn wir mehr essen, wird der Stoffwechsel aktiver, um das Gewicht zu erhalten. Wir sind dann auch schneller satt, denn Energie ist ja genug vorhanden. Wenn wir weniger essen, reduziert der Stoffwechsel seine Aktivität, um Energie zu sparen. Wir bewegen uns weniger, um Energie zu sparen, uns ist kalt (das spart ebenfalls Energie) und gleichzeitig bekommen wir mehr Hunger, um eine Nahrungsaufnahme wahrscheinlicher zu machen.

Kalorien-Sparen
Photo Credit: Natasha Spenser auf Pixabay

Aber warum nehmen wir dann zu?

Das kann doch gar nicht stimmen, schließlich nehmen wir doch offenbar ohne Probleme zu. Jein, kann ich da nur sagen. 😊

Diesen Mechanismus des Setpoints tricksten wir ungewollt häufig aus. Schuld sind Zucker, Alkohol, Fructose und verarbeitete Kohlenhydrate. Denn sie unterdrücken unser Sättigungssignal. Während wir von Gemüse, Fetten oder Protein einfach irgendwann satt sind und nicht mehr essen möchten, sind die genannten Kohlenhydrate anders. Wir wollen einfach immer mehr. Dazu zählen Pasta, Kekse, Kuchen, süße Getränke und viele gesüßte Produkte. Wir essen also einfach immer weiter, denn das natürliche Sättigungssignal stellt sich kaum ein.

Zucker setzt unsere Sättigung außer Kraft, d
Photo Credit: Susanne Jutzeler, suju-foto auf Pixabay

Und nun wird es interessant, denn hier kommt Insulin kommt ins Spiel. Die Aufnahme von Kohlenhydraten sorgt für Fettspeicherung und stoppt jegliche Fettverbrennung, durch die Aktivierung von Insulin. Gleichzeitig haben wir nach der Aufnahme von hoch verarbeiteten Kohlenhydraten schnell wieder (Heiß-)Hunger und der Teufelskreis beginnt von vorn.

Warum liegt Zunehmen nicht an den Kalorien?

Aber liegt es dann nicht doch an den Kalorien, wenn ich zunehme? Schließlich haben Pasta, Kuchen und Kekse doch auch viele Kalorien und ein Kilo Körperfett besteht aus 7.000 Kalorien?

Warum würde, wenn Kalorien entscheidend wären, ein Typ 1 Diabetiker (Insulinmangel) selbst bei einer Aufnahme von 10.000 Kalorien am Tag immer weiter abnehmen [1]? Weil die „Kalorien“ eben nicht vom Insulin in die Zellen transportieren werden, welches beim Typ 1 Diabetiker (eine Form der Autoimmunerkrankung) nicht vorhanden ist. Früher sind Menschen mit dieser Krankheit daran verstorben, bevor man erkannt hatte, dass Insulin für sie lebensrettend ist. Für diese Entdeckung wurden übrigens Frederick Banting und J.J.R. Macleod 1923 für den Nobelpreis nominiert [1]. Überzeugt?

Insulin verschiebt den Setpoint

Auch wenn unser Körper das bestehende Gewicht erhalten möchte, gelingt das mit unserer hochverarbeiteten Nahrung häufig nicht mehr, denn Insulin verschiebt tatsächlich unseren Setpoint. Eine zucker-, fruktose- und kohlenhydatlastige Ernährung eliminiert quasi das Signal unseres Körpers, das ursprüngliche Gewicht zu erhalten, indem der Stoffwechsel einfach aktiver wird. Das heißt wir nehmen zu und haben es immer schwerer, dieses Gewicht wieder abzunehmen, wenn wir 10 oder 20 Jahre (oder noch länger) übergewichtig gewesen sind.

Kalorien-sparen
Photo Credit: Tumisu auf Pixabay

Mit der Kalorienhypothese ist das nicht zu erklären [2]. Danach müsste jeder, der 7.000 Kalorien einspart oder mehr verbrennt, ein Kilogramm Körperfett abnehmen. Die Erfahrung zeigt aber, dass Menschen, die lange übergewichtig gewesen sind, Schwierigkeiten haben, abzunehmen.

Gleichzeitig sorgt die dauerhafte Aktivierung der Insulinproduktion in unserer Bauchspeicheldrüse für Insulinresistenz. Die Zellen reagieren einfach irgendwann nicht mehr auf das Insulin, dass noch mehr Zucker im Gepäck hat, denn alle Zellen sind mit Zucker bereits schon völlig überladen. Und so nehmen wir noch mehr an Gewicht zu, oftmals begleitet von der zusätzlichen Gabe von Insulin (bei Typ 2 Diabetes), die das Ganze noch schlimmer macht [3]. Erkennbar ist dieser gestörte Zuckerstoffwechsel häufig weit bevor Diabetes diagnostiziert wurde, an der Fetteinlagerung im Bauch!

Kalorien sparen hilft nicht? Was dann?

Der Schlüssel, um tatsächlich erfolgreich abzunehmen und gesünder zu werden, liegt ebenfalls im Insulin. Denn während ein hoher Insulinspiegel den Setpoint nach oben verschiebt, sorgt ein niedriger Insulinspiegel für eine Verschiebung des Setpoints in die andere Richtung.

Fasten statt Kalorien sparen

In diesem Zusammenhang spielt Fasten eine entscheidende Rolle, weil dies völlig natürlich hilft, den Insulinspiegel zu senken. Fasten unterscheidet sich von einer Kalorienrestriktion in der langen Pause zwischen Mahlzeiten.

Ein Rechenbeispiel: 1000 Kalorien, aufgeteilt auf 5 Mahlzeiten am Tag, lösen jedes Mal die Produktion von Insulin aus. Aus diesem Grund versucht der Körper permanent Nahrungsenergie zu speichern. Solange der Insulinspiegel erhöht ist, können jedoch keine Fette verbrannt werden, auch wenn sie ausreichend im Körper vorhanden sind. Da 1.000 Kalorien aber recht wenig ist, reduziert der Körper seine Stoffwechselaktivität, so dass wir weniger Kalorien verbrauchen.

Kalorien-Sparen
Photo Credit: Comfreak auf Pixabay

Wenn wir hingegen 1.000 Kalorien auf ein oder zwei Mahlzeiten aufteilen, haben wir lange Pausen, bis wir das nächste Mal essen. Der Insulinspiegel ist also nach der Mahlzeit kurzzeitig erhöht und normalisiert sich dann. In dieser Zeit kann der Körper gespeicherte Nahrungsenergie, also Glykogen und später – wenn der Insulinspiegel noch weiter gesunken ist – auch Fette verbrennen. Was heißt das für die Praxis? Probiere, die Pausen zwischen den Mahlzeiten deutlich zu verlängern und plane – nach Absprache mit deinem Arzt – regelmäßiges Fasten ein, wenn du unbedingt abnehmen musst.

Gern kann ich dir dabei helfen, ein Gesundheits- oder Ernährungscoaching bietet dafür die richtige Gelegenheit.

Insulin statt Kalorien sparen

Der zweite Schlüssel ist die massive Reduktion von Zucker, Fruktose, Alkohol, süßen Getränken und Getreideprodukten. Denn diese Produkte sind überhaupt erst der Auslöser für einen erhöhten Insulinspiegel und sie überlisten unsere Sättigung.

Echte Nahrung ist entscheidend, denn sie löst weniger Insulin aus.
Photo Credit: Дарья Яковлева auf Pixabay

Was du dann überhaupt noch essen kannst, fragst du?

Echte Nahrung, für die unser Körper gemacht ist, ist unser perfekter Treibstoff. Dazu gehören Gemüse, gute Fette und hochwertiges Protein, Nüsse und auch Hülsenfrüchte. Sie liefern deinem Körper erstklassige Energie, sättigen wunderbar und sorgen nur für einen kleinen Anstieg des Insulinspiegels nach einer Mahlzeit (Hier dazu mehr: Welche Ernährung ist eigentlich gesund?). Gleichzeitig sind sie vollgepackt mit Nährstoffen, wie Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien und Ballaststoffen, alles, was deine High-Tech Maschine Körper und Geist brauchen, um auf höchstem Niveau zu funktionieren.


Zum Weiterlesen auf meiner Seite:


Quellen:

[1] Jason Fung (2016): The Obesity Code. Unlocking the Secrets of Weight Loss. Greystone Books.

[2] Jason Fung (2018): Leptin & Insulin Resistance Balancing Tips w/ Jason Fung, MD. High Intensity Health.

[3] Jason Fung (2018): The Diabetes Code. Prevent and Reverse Type 2 Diabetes Naturally


21 Gedanken zu „Warum “Kalorien sparen” NICHT beim Abnehmen hilft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.