Nachdem wir die Mechanismen und Ursachen von Erschöpfung und Dauermüdigkeit in den vorigen Teilen des Artikels unter die Lupe genommen hatten, soll es heute um die wichtigsten ENERGIESPENDER gehen, also die Mechanismen, die dafür sorgen, dass wir endlich wieder mehr ENERGIE haben und unsere BATTERIEN nachhaltig aufladen können. Das ist kein “Quick fix”, sondern oftmals handelt es sich um erstaunlich grundlegende Verhaltensänderungen und Gewohnheiten, die unserem Körper die Möglichkeit geben, wieder zu Kräften zu kommen und den Wechsel zwischen An- und Entspannung leichter zu meistern.
Warum sind wir energielos und ausgelaugt
Heute möchte ich dir 10 Lösungsstrategien an die Hand geben, um endlich wieder mehr Energie zu bekommen, dich besser zu fühlen, weniger gestresst zu sein und dich nachhaltiger zu erholen. Natürlich werde ich auch zeigen, warum bestimmte Strategien funktionieren.

Da das Thema ziemlich komplex ist, handelt es sich heute um den 3. Teil einer kleinen Serie. Im 1. Teil ging es um die Mechanismen, warum wir müde und ausgelaugt sind. Ganz zentral dafür ist – wie sich herausstellte – unser Nervensystem. Im 2. Teil habe ich die 9 größten Energieräuber beleuchtet, die sich oft in unseren Alltag eingeschlichen haben ohne, dass uns das bewusst ist. Wenn du die beiden vorigen Teile nicht gelesen hast, würde ich dir empfehlen, dies nachzuholen, um die grundlegenden Mechanismen zu verstehen, auf die ich heute nur kurz verweisen kann.
Hier sind die direkten Links zu den vorigen Teilen dieser Serie:
Mehr Balance durch Energiespender
Wenn wir wirklich nachhaltig erschöpft und ausgelaugt sind, oft als Konsequenz davon, dass wir über Jahre oder Jahrzehnte unsere eigenen Bedürfnisse ignoriert oder hinter die Wünsche und Anforderungen anderer Menschen gestellt haben, reicht es meistens nicht mehr aus, ein paar Mal auszuschlafen oder einen ruhigen Nachmittag auf der Couch zu verbringen (wobei diese natürlich auch ihre Berechtigung haben). Die grundlegende Balance zwischen Anspannung und Entspannung (dazu mehr im Teil 1) ist nämlich nachhaltig gestört und braucht ein bisschen mehr und vor allem regelmäßige Unterstützung.


Hilfe suchen bei Depressionen
Ich möchte dich an dieser Stelle dazu ermuntern, dir Hilfe zu suchen, wenn du das Gefühl hast, depressiv zu sein. Wenn du kaum die Kraft hast aus dem Bett zu kommen, kein Licht am Ende des “Tunnels” siehst und dir das Gefühl dafür abhanden gekommen ist, dass nach einer schweren Zeit auch wieder bessere Zeiten kommen, sind das ernsthafte Warnzeichen für Depression [1]. Die Betroffenen sind sich sicher, dass es immer so bleiben wird. Sie leiden unsäglich unter dieser Situation und der hoffnungslosen Perspektive. Medikamente – die wir oft spontan ablehnen – können in dieser Situation manchmal(!) die Anschubenergie oder den Rückenwind liefern, um Rahmenbedingungen im Leben zu ändern, für die sonst einfach keine Energie übrig ist [2]. Dennoch lösen Medikamente ein Problem nicht, können aber eventuell helfen, um aus dem Tal wieder herauszukommen.
Die 10 besten Energiespender
Die 10 besten Energiespender funktionieren am besten in Symbiose. Du musst natürlich nicht gleich damit beginnen, dein Leben komplett umzuorganisieren, um alle 10 Strategien einzubauen. Mit ein bisschen Ehrlichkeit wirst du aber schnell 1 bis 3 Strategien erkennen, die für dich einen guten Start bieten können. Ein Kriterium für die Auswahl könnte beispielsweise sein, welche Aspekte im Moment bei dir wirklich viel zu kurz kommen. Ergänzend kannst du auch eine Strategie auswählen, die für dich ziemlich einfach umzusetzen scheint. Das kann für ein schnelles Erfolgserlebnis sorgen.


Energiespender 1: Achtsamkeit
Beginnen möchte ich mit Achtsamkeit und das hat – entgegen verbreiteter Meinungen – tatsächlich nichts mit Meditation zu tun. Achtsamkeit, im Englischen als “Mindfulness” bezeichnet, beinhaltet eine Aufmerksamkeit auf das, was gerade passiert, ohne es zu bewerten. Was total simpel klingt, ist gar nicht so einfach, macht aber einen großen Unterschied: Wenn wir bemerken, dass unsere Muskulatur beginnt, sich zu verkrampfen oder wir schon wieder zum Kaffee oder Handy greifen wollen, nur dann können wir etwas daran ändern. Achtsamkeit ist also die Basis für alle weiteren Strategien.


Vielleicht magst du gern selbst eine kurze Übung machen, die zeigt, was Achtsamkeit und Aufmerksamkeit eigentlich ausmachen können? Warst du dir während des Lesens in den vorigen Minuten bewusst, wie sich gerade deine Fußsohlen anfühlen? Nein? Aber sie sind doch die ganze Zeit da gewesen, oder? Und jetzt, wenn du die Aufmerksamkeit darauf lenkst, spürst du die Socken, vielleicht die Schuhe oder den Boden unter den Füßen. Und selbst wenn du jetzt bemerken würdest, dass deine Füße gerade müde sind, würde es bei Achtsamkeit darum gehen, dies nicht als “schlecht” zu bewerten, sondern einfach nur wahrzunehmen. Bevor du deine Aufmerksamkeit darauf gerichtet hast, waren deine Füße genauso da, aber dir war es nicht bewusst, weil du nicht darauf geachtet hast.


Das worüber wir gerade sprechen, kann man als Interozeption bezeichnen [3]. Das ist unsere Fähigkeit wahrzunehmen, was in unserem Körperinneren passiert. Im Gegensatz dazu ist unsere Aufmerksamkeit in weiten Teilen des Alltags auf das gerichtet, was Außen passiert: Was muss ich machen, was machen andere, muss ich reagieren, wo muss ich hin, etc. Das sorgt dafür, dass wir die Signale unseres Körpers kontinuierlich übergehen, weil unsere Aufmerksamkeit nicht darauf gerichtet ist.
Warum ist das wichtig? Wir übergehen unser Hungersignal und essen am Abend alles, was uns in die Finger kommt. Auch nehmen wir nicht wahr, dass ein schnell heruntergeschlungene Fast-Food Mittagessen uns müde, träge und launisch macht. Wir bemerken ebenfalls nicht, dass wir pausenlos die Schultern hochziehen und haben abends Kopfschmerzen. Unsere flache Atmung entgeht der Beobachtung und auch, dass wir damit unsere Stressreaktion immer weiter anfeuern.
Eine kleine Übung für Achtsamkeit
Eine kleine Übung kann unsere Achtsamkeit und Interozeption wunderbar trainieren. Für einige Menschen wird diese Übung leichter, für andere schwerer sein, je nachdem, wie stark unsere natürliche Interozeption ausgeprägt ist oder wir sie bereits geübt haben.


Setze dich in Ruhe hin, auf den Boden oder auf einen Stuhl, schließe die Augen und versuche, deinen eigenen Herzschlag wahrzunehmen, ohne den Puls zu fühlen oder zu messen. Auch, wenn dir das einfach gelingt, kann das ein schöner Moment im Alltag sein, um das Tempo rauszunehmen und von der Exterozeption (Wahrnehmung des Außen) zurückzukehren zur Wahrnehmung unserer selbst [3].
Nur als kleine inhaltliche Ergänzung: Achtsamkeit bezieht sich natürlich nicht ausschließlich auf Interozeption, sondern kann genauso im Außen stattfinden, im Gespräch mit anderen oder Tätigkeiten im Alltag.
Energiespender 2: Reflexion
Natürlich können wir Entspannung nach allen Regeln der Kunst in unseren Alltag integrieren, aber vielleicht reicht das nicht aus, wenn wir das ursprüngliche Verhalten – pausenlos das Gaspedal durchzutreten – nicht reflektieren und nicht ändern.


Hier ist es angebracht, die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen. Oft wurden unsere Glaubenssätze in der Kindheit geprägt, durch Äußerungen oder Verhaltensweisen unserer Bezugspersonen (oft wohlmeinend) und die Interpretationen, die Kinder aus daraus ableiten können. Das könnten Aussagen sein, wie:
- Du wirst nie so gut sein, wie dein Bruder/deine Schwester,
- Du hast dafür kein Talent,
- Menschen, die Pause machen, sind faul,
- Sich um sich selbst zu kümmern, ist egoistisch,
- Nur wenn du erfolgreich bist, bekommst du Anerkennung (oder wirst du geliebt),
- Wenn du nichts studierst, bist du nichts wert
- Du musst mich stolz machen
- Du musst das erreichen, was ich nicht geschafft habe.
Wenn uns bewusst wird, dass diese Glaubenssätze keine Wahrheit sind, sondern nur unsere Interpretation, sie aber trotzdem (oft schon lange) unser Leben bestimmen, nur dann, können wir etwas daran ändern.
Hier gibt es mehr zum Thema Glaubenssätze:
Energiespender 3: Handy- & Bildschirmpause
Handys und Bildschirme sind inzwischen für viele von uns lebensbestimmend geworden. Statistiken zeigen, dass viele Menschen 10 oder mehr Stunden pro Tag an Bildschirmen verbringen: Handy, Laptop, Fernseher & Co. [4]. Das Handy nicht in der Nähe zu haben, stresst viele Menschen ungemein. Wenn es bei dir nicht so ist, umso besser. Aber wenn du dein Handy praktisch immer in Reichweite hast, tagsüber am Computer arbeitest und abends der Fernseher Teil des Abendprogramms ist, solltest du geplante Handy- und Bildschirmpausen einlegen.
Hier ein paar Ideen, wie das aussehen könnte:
- Deaktiviere all die Benachrichtigungen, ob von Sozialen Medien, Nachrichten, Fußballergebnissen
- Gestalte morgens die erste Stunde nach dem Aufstehen handyfrei, um dein Gehirn nicht gleich mit externen Anforderungen oder Nachrichten zu attackieren
- Pack das Handy tagsüber so oft wie möglich in die Schreibtischschublade oder deine Tasche (nicht die Hosentasche), denn schon alleine das Handy zu sehen, sorgt dafür, dass wir es aus Gewohnheit einfach zur Hand nehmen, ohne ein wirkliches Ziel zu haben
- Mache jede Stunde mindestens 5 min Pause vom (PC-)Bildschirm, wenn du viel Arbeitszeit am PC (Laptop) verbringst und und verrichte im Büro bspw. Arbeiten, die einen breiteren visuellen Fokus und etwas Bewegung erlauben. Optimal wäre es, durch ein offenes Fenster nach draußen zu schauen.


- Verbringe mindestens 1 Abend in der Woche ohne Fernsehen und lese stattdessen bspw. ein „Papierbuch“ oder mache einen Spaziergang
- Lege eine Zeit fest, wann du abends bei deinem Handy den Flugmodus einschaltest, z. B. 21 Uhr, so kannst du nachts besser schlafen und torpedierst nicht die Bildung des müdemachenden Hormons Melatonin
- Lade das Handy nachts in der Küche (oder einem anderen Raum) und nicht neben dem Bett (denn dann geht morgens der erste Blick in der Regel auf das Handy). Das heißt ggf. den guten alten Wecker wieder hervorzukramen. 😉
- Gestalte Mahlzeiten zu Hause und im Büro handyfrei, deine Gesprächspartner werden es dir danken, denn wenn Handys am Tisch sind, sind wir nie komplett auf eine Unterhaltung fokussiert (gilt für alle Beteiligten)
Energiespender 4: Bewusste Entspannung
Wir alle müssen im Alltag ganz gezielt Zeiten für bewusste Entspannung finden und zwar regelmäßig, am besten täglich. Das sorgt für eine Reduktion des Cortisol- und Adrenalinspiegels, die oft zu hoch sind, verbessert Kreativität und Nachtschlaf, trainiert den Wechsel zwischen An- und Entspannung und ist entscheidend für unseren Umgang mit Stress im Alltag.
Schon 10 Minuten können ausreichen, besser sind sicherlich 30 min jeden Tag, ohne Handy, Fernsehen, Alkohol oder andere Ablenkung. Ziel ist es, für einige Zeit wegzukommen vom Tun und Planen, das für uns sehr alltagsbestimmend ist. Gern kann man in dieser Zeit die Augen schließen, einer angeleiteten Entspannung lauschen, Musik hören, mit dem Partner oder Haustier kuscheln oder eine Meditationsapp wie Calm oder Headspace ausprobieren. Yoga Nidra ist eine wunderbare Form der angeleiteten Entspannungsmeditation. Auch Dankbarkeitstagebuch zu schreiben, kann eine schöne Praxis sein, die uns kurz-, mittel- und langfristig glücklicher, zufriedener und weniger ängstlich macht [5]. Massagen oder ein Wannenbad sind toll, aber für die meisten von uns sicherlich nicht täglich realisierbar.


Wichtig ist es für diese “Auszeit”, dass wir sie fest planen. Wann und wie möchtest du deine Auszeit nehmen? Wenn wir das nicht tun und darauf warten, dass wir plötzlich “Zeit haben”, wird sie nicht stattfinden. Zielführend kann dabei die Frage sein: Wie könnte ich das umsetzen? Anstatt unser Gehirn das Ganze gleich auseinandernehmen zu lassen im Sinne von “das klappt sowieso nicht”.
Noch als eine Ermunterung: Erfolgreiche Menschen, die über viele Jahre oder Jahrzehnte großartige Leistung erbringen, trotzdem nette Menschen geblieben sind und eine funktionierende Familie haben, haben praktisch immer eine gute Balance zwischen bewusster Entspannung, Dankbarkeit für das, was sie haben und der Motivation gefunden, sich neue Ziele zu setzen und diese auch zu erreichen.
Energiespender 5: Bewegung & Dehnung
Leichte Bewegung kann einen wunderbaren Beitrag zur Entspannung leisten. Wenn wir gestresst sind und uns vielleicht auch noch wenig bewegen, ist unsere Muskulatur oft sehr verspannt und schmerzt. Das fühlt sich auf jeden Fall nicht gut an und sendet gleichzeitig ein Signal an unser Gehirn, dass wir offenbar gerade in einer gefährlichen Situation sind (denn wir sind ja angespannt) und das wiederum verstärkt unseren Stress.
Unseren Körper sanft zu bewegen und zu dehnen, fühlt sich wirklich gut an und unterstützt eine Entspannung des Muskels, also das Gegenteil von Anspannung. Dies kann dazu beitragen, den Cortisolspiegel zu senken, Serotonin freizusetzen und in der Folge fühlen wir uns zufriedener und weniger ängstlich [6]. So können wir hervorragend einen entspannten Feierabend einläuten, denn ein entspannter Körper sendet dem Gehirn das Signal, dass alles in Ordnung ist.
Welche Bewegungsformen können hilfreich sein?
- ein Spaziergang in ruhigem Tempo, der nicht als “Workout” verbucht werden sollte
- leichtes Dehnen große Muskelgruppen, 20-30 Sekunden pro Muskelgruppe, ein bis zwei Durchgänge, von der Intensität sollte es maximal ein leichter Wohlfühlschmerz sein (Tipp: wenn du Luft anhältst, ist es gerade zu viel)
- perfekt sind auch ein paar Sonnengrüße oder Yoga Asanas, die man in langsamerem Tempo absolviert (hier gibt es Videos zu Yogaeinheiten mit mir: Yoga-Stunden)


Energiespender 6: Natur
Viele unserer Erkrankungen und auch ein großer Teil des Stresses den wir haben, kann als „Nature Deficit Disorder“ (Natur-Defizit-Erkrankung) bezeichnet werden, denn die meisten von uns sind viel zu selten draußen in der Natur [7,8].
Wir sind weit entfernt von unseren natürlichen biologischen Rhythmen, in jedem Sinne. Wir tragen Gummisohlen und verbringen etwa 93% unserer Zeit in geschlossenen Räumen. Licht das wir sehen, wird durch Scheiben gefiltert, wir sehen kaum die Sonne, dafür aber viel Licht von Bildschirmen und haben Kunstpflanzen in unseren Räumen [9]. Wenn wir darüber nachdenken, fallen uns sicherlich noch Dutzende weiterer Beispiele ein. Dieser von der Natur abgekoppelte Lebensstil widerspricht in jedem Sinne unserer Programmierung, auf der die menschliche Entwicklung seit Millionen von Jahren basiert.
Wir unterschätzen massiv, was die Verbundenheit mit der Natur – oder das Fehlen derselben mit uns und unserer Gesundheit macht.
Was macht Natur mit uns?
Die Wirkungen einer natürlichen Umgebung klingen wie eine Kombination aus allen positiven gesundheitlichen Effekten, die wir uns nur wünschen können:
Zeit in der Natur…
- beruhigt die Atmung,
- senkt Stresshormone, Blutdruck und Herzfrequenz,
- reduziert Cortisol und Adrenalin (die bei Stress erhöht sind),
- kann kann Depressionen und Ängste verringern
- verbessert den Schlaf,
- reduziert Erschöpfung,
- verbessert das Gefühl von Vitalität und gute Laune
- die grüne Farbe von Bäumen und Gras ist für die meisten Menschen entspannend,
- Gerüche, Farben, Lichtspiele & Töne wirken beruhigend auf das Zentralnervensystem
- Sonnenlicht erhöht den Serotoninspiegel, sorgt also für mehr Zufriedenheit (mehr zu Serotonin in Teil 1)
- allein, dass wir den Blick weiten entspannt unser ganzes System, denn das ist das komplette Gegenteil des fokussierten Blicks bei der Bildschirmnutzung (siehe dazu auch Teil 2)
- die Umgebung bietet Freiraum zum Denken und für kreative Einfälle
- die Ruhe ist absolut erholsam & wohltuend und ein willkommener Kontrast zur medialen Reizüberflutung
- Terpene, die natürliche Öle der Pflanzen, die wir einatmen bewirken einen Teil der genannten positiven Veränderungen


Schon ein Spaziergang von 10-20 Minuten reicht aus, um die Stimmung zu heben auch, wenn es besser ist so oft wie möglich länger draußen zu sein. Sucht euch eine Umgebung mit viel Grün, Wald und Parks sind perfekt. Suche nach Möglichkeiten, dem “Asphaltdschungel” zu entkommen, wenn du in der Stadt lebst. Versuche, alle deine Sinne zu involvieren: Sehen, Hören, Riechen, Fühlen. Gehe langsam und bewusst und lass das Handy am besten gleich zu Hause oder im Auto auch, wenn du die eine oder andere Möglichkeit verpassen wirst, ein Foto zu machen oder eine Nachricht sofort zu lesen. 😉
Nimm Tempo raus, das ist deine Übung, um den Fuß im übertragenen Sinne vom Gaspedal zu nehmen. Wenn du dich unruhig fühlst, weil du nichts “Sinnvolles” zu tun hast, halte das aus. Es zeigt nicht, dass dieser Spaziergang nicht gut für dich ist, sondern wie sehr dein Gehirn bereits an eine dauerhafte Reizüberflutung gewöhnt ist und diese jetzt vermisst (wie ein Süchtiger seine Droge).
Unsere Inner Uhr und das Sonnenlicht
Noch kurz ein Exkurs zum Thema Licht. Unsere innere Uhr – der Zirkadiane Rhythmus ist grundlegend mit dem Wechsel von Licht und Dunkel verbunden. Um gesund zu bleiben, brauchen wir morgens echtes Sonnenlicht, am besten viel davon vor 9 Uhr (und nicht durch eine Scheibe). Dass uns dies oft nicht gut gelingt, merken wir insbesondere in den Wintermonaten, wenn wir dauerhaft müde sind, uns die Energie fehlt und wir uns manchmal sogar depressiv fühlen.


Wie kannst du Sonnenlicht in deinen Alltag integrieren?
- Versuche morgens Zeit draußen zu verbringen und Licht nicht nur durch eine Scheibe zu sehen (das reicht nicht), schau aber nicht direkt in die Sonne
- An einem hellen Morgen reichen 2 Minuten, ist es ziemlich düster und bedeckt, brauchen wir eigentlich 30 Minuten
- Verbinde das mit einem Kaffee auf der Terrasse oder damit, barfuß auf dem Rasen zu laufen, vielleicht auch mit ein paar Übungen oder dem Spaziergang mit deinem Hund
- Wenn es morgens noch dunkel ist, wenn du aufstehst überlege, wie du eine kleine Runde um den Block einplanen kannst, sobald es draußen hell geworden ist. Und nein, es ist nicht optimal das mit einer Zigarette in der Sonne zu kombinieren. 😀
Hier gibts mehr zum Thema Licht & innere Uhr: Die INNERE UHR: Wie unser biologisches Programm Gesundheit, Schlaf & Abnehmen beeinflusst.
Energiespender 7: Verbundenheit
Nachweislich sind wir glücklicher, wenn wir mehr Zeit mit Freunden verbringen. Die Zeit mit Facebook (& Co.), macht Menschen hingegen weniger zufrieden. Persönliche Interaktion ist offenbar nicht zu ersetzen [10].
Weniger soziale Eingebundenheit steht im Zusammenhang mit mehr Krankheiten, die praktisch auch alle typisch für chronischen Stress sind, wie z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, hoher Blutdruck, chronische Entzündungen und ein schwaches Immunsystem [11].


Wenn wir uns eher isoliert fühlen und unsere Freundschaften nicht als wirklich vertrauensvoll empfinden, verstärkt das unseren Stress, weil ausgeschlossen zu sein eine unserer tiefsitzenden Urängste ist. Das Gefühl sozial sicher eingebunden zu sein, trägt hingegen in unserem Gehirn zu einer Beruhigung des Systems bei, welches Bedrohungen erkennen soll (“Amygdala”). Anzeichen von Stress werden reduziert, wie z. B. der Cortisolspiegel und unser Blutdruck, während Oxytocin ausgeschüttet wird, das uns die Verbundenheit spüren lässt (siehe dazu Teil 1).
Freundschaften tragen auch dazu bei, dass wir resilienter also widerstandsfähiger bei Stress sind und uns von stressigen Ereignissen schneller erholen. Sie sorgen sogar dafür, dass wir länger leben.


Vielleicht sind das genügend Gründe, um hier und da mal die Prioritäten neu zu setzen und wieder Kontakt mit den Freunden aufzunehmen, denen wir uns tief verbunden fühlen. Optimal ist es, wenn man diese Treffen mit gesunden Verhaltensweisen kombiniert, indem man z. B. einen Spaziergang macht, mit dem Rad fährt oder kocht. So können wir mehrere energiespendende Verhaltensweisen kinderleicht miteinander kombinieren.
Energiespender 8: Nahrung
Je besser wir die Bedürfnisse unseres Körpers nach Nährstoffen und notwendigen Bausubstanzen erfüllen, desto reibungsloser kann er funktionieren. Ein Mangel hingegen verursacht Stress, wie bei jedem, der schon einmal einen Job ausführen musste, ohne das notwendige Material oder die erforderlichen Ressourcen zu haben. Aber nicht nur ein Mangel verusacht Stress, sondern auch ein Zuviel an Substanzen, die den Körper belasten oder sogar toxisch wirken. Dazu gehören bspw. Alkohol, Fast Food, E-Nummern, Zucker, hochverarbeitete Fette, Aromen, Emulgatoren und Geschmacksverstärker.


Weniger Stress mit der richtigen Nahrung
Wenn wir ein bisschen Hintergrundwissen haben, können uns Lebensmittel sogar auch helfen, den Spiegel des “Stresshormons” Cortisol zu senken.
- Die Basis der Ernährung sollte aus Gemüse und Salat – in allen Farben des Regenbogens – bestehen. Das liefert auch gleich die Ballaststoffe, die wir für ein gesundes Mikrobiom brauchen. Das Wohlergehen unserer Mitbewohner im Darm (Darmflora) hängt eng mit Wohlbefinden, Stress, Stimmung, Schlaf und Gesundheit zusammen.
- Fermentierte Lebensmittel, wie z. B. Sauerkraut oder Kimchi sind Superfoods für unsere Darmbakterien und fördern eine gesunde Balance der Mikroben.
- Hochwertige Omega-3 Fette aus Algen(-öl) oder fettem Fisch liefern die wertvolle, marine Form dieser Fettsäuren, die wir als Baustoff (z. B. für Zellmembranen) brauchen und die stark entzündungshemmend sind. Leinsamen und Leinöl oder Nüsse liefern nur sehr wenig der benötigen Form von Omega-3 Fettsäuren. Einen ganzen Artikel dazu gibt es hier: OMEGA-3 FETTE: Was du darüber wissen solltest
- Magnesium wird für zahlreiche Prozesse im Körper gebraucht. Wir finden es vermehrt in Gemüse und Salaten. Wenn es uns an Magnesium mangelt, kann das zu Migräne, Muskelanspannung und erhöhtem Stress führen. Manchmal kann für eine ausreichende Versorgung auch ein Nahrungsergänzungsmittel zielführend sein, mehr dazu findest du hier.
- Serotonin, der Neurotransmitter für mehr Zufriedenheit, wird aus der Aminosäure Tryptophan gebildet, die wir in Lachs, Eiern, Käse, Tofu und Ananas finden. Dennoch ist die Bildung von Neurotransmittern ein eher komplizierter Prozess. Mehr Lachs oder Tofu zu essen, wird nicht automatisch unseren Serotoninspiegel erhöhen. Wenn aber der Baustoff nicht vorhanden ist, dann kann der Körper das Serotonin auch nicht produzieren [12]. Eine ausreichende Versorgung ist also absolut empfehlenswert.
Hier ein paar weiterführende Artikel zur gesunden Ernährung:
Energiespender 9: Reflektierter Genuss
Alkohol und Koffein sind im vorigen Teil der Serie nicht besonders gut weggekommen. Sie haben einen großen Anteil daran, dass wir unsere energieraubenden Lebensumstände weiter aufrechterhalten, während wir Stimulanzien und “Beruhigungsmittel” nutzen. Ohne diese Helferlein* würden wir vielleicht viel eher die Reißleine ziehen. Entweder würden wir dann beginnen, unsere Lebensumstände zu verändern oder sie vielleicht auch verlassen, weil wir merken würden, wie sie unsere Energie rauben.
*Mir ist durchaus klar, dass auch der Gebrauch oder Missbrauch von Schlaftabletten, Schmerztabletten, Aufputsch- und Beruhigungsmitteln und diversen Kombinationen davon weiter verbreitet ist als wir das gern glauben wollen.


Koffein und in gewissem Maße auch Alkohol gehören zum Alltag vieler Menschen dazu. Mit dem Wissen warum sie unseren Stress verstärken, den Schlaf stören und das Abschalten erschweren, können wir unseren Gebrauch einer kritischen Prüfung unterziehen und uns ein paar zielführende Fragen stellen.
Kaffeegenuss
Nutze ich Kaffee um meinen Schlafmangel oder die schlechte Schlafqualität zu “maskieren”? Dann sollte ich unbedingt am Thema Schlaf und Schlafqualität arbeiten, mehr dazu im nächsten Punkt. Torpediere ich vielleicht meinen eigenen Schlaf durch den späten Kaffeegenuss? Dann wäre ein zeitiger “cut off” – so gegen 14 Uhr – unbedingt einen Versuch wert, um dem Körper die Zeit zum Abbau des Koffeins zu geben, um wirklich tief und erholsam zu schlafen.
Mehr zu den Themen Kaffee & Alkohol findest du hier:
Alkoholkonsum
Kann ich mir einen Feierabend oder Tag ohne Alkohol kaum vorstellen? Nehme ich mir immer wieder mal vor, nicht zu trinken und finde dann doch eine (fadenscheinige?) Ausrede dafür? Habe ich das Gefühl, mich ohne die Gemütlichkeit in Verbindung mit einem (oder zwei) Bier oder Wein nicht entspannen zu können? Glaube ich, dass mir der Alkohol hilft, besser einzuschlafen?


Inzwischen wissen wir, dass die gefühlte Entspannung und Einschlafhilfe auf Sedierung beruht. In Wirklichkeit stört Alkohol den Schlaf nachhaltig und stresst den Körper sogar noch mehr. Gewappnet mit diesem Wissen können wir schlicht und ergreifend bessere Entscheidungen treffen. Wie könnten diese aussehen? Hier ein paar Ideen:
- Wenn ich besonders gestresst bin, verzichte ich auf den Alkohol und suche gezielt nach anderen Wegen, um die nötige Entspannung und Ruhe zu erreichen.
- Wenn ich morgen einen anstrengenden Tag vor mir habe, versuche ich die Rahmenbedingungen für Schlaf und Erholung zu optimieren und den Absacker am Abend durch einen Kamillen oder Minzetee zu ersetzen.
- Wenn ich generell schlecht schlafe sorgen Tipps aus den anderen Kategorien besser dafür, den Übergang zu einem qualitativ hochwertigen Nachtschlaf zu sichern, wie z. B. ein Spaziergang, leichtes Stretching, bewusste Atmung oder eine angeleitete Entspannung.
Energiespender 10: Schlaf
Schlaf ist der Prozess, der alles reguliert und normalisiert, der einfach alles besser macht:
- die Heilung von Verletzungen
- die Verarbeitung von Erlebtem
- das Speichern von Erinnerungen und Gelerntem
- den Abbau von Stresshormonen & Toxinen
- Problemlösung und Kreativität
- Stressresilienz
- emotionale Regulation
- Anpassung an Trainingsreize und noch viel mehr.


In stressigen Zeiten oder nach Krankheit, brauchen wir häufig mehr Schlaf, weil der Körper einfach mehr Regeneration benötigt.
Finde für dich selbst heraus, wie viel Zeit du im Bett verbringen müsstest, um morgens ausgeschlafen zu sein. Denke daran, dass du nicht 100% der Zeit im Bett auch wirklich schläfst. Wir alle wachen nachts immer wieder mal auf und schlafen schneller oder langsamer wieder ein, das ist absolut normal. Um eine bessere Schlafdauer zu erreichen überlege, wo du deinen Abend oder Morgen optimieren kannst, um vielleicht 15-30 min mehr Schlaf zu bekommen. Das kann schon viel ausmachen.
Die so genannte „Schlafhygiene“ kann enorm dazu beitragen, unseren Schlaf zu verbessern. Dazu gehören:
- Sonnenlicht am Morgen,
- Dehnung, Bewegung
- wenig Licht am Abend,
- bewusste Entspannung im Alltag
Alle dieser genannten Faktoren arbeiten dir zu, um nachts besser und erholsamer zu schlafen.
Und da Schlaf eigentlich ein komplettes Thema für sich ist, habe ich für euch die neue Schlaf Masterclass entwickelt und aufgenommen. Mit meinem neuen Onlinekurs kannst du alles lernen, was du brauchst, um endlich wieder besser zu schlafen und nachts deine Batterie wieder aufzuladen.


Dieser neue Onlinekurs umfasst:
- 8 Video Module
- 1 Arbeitsheft (als PDF -Download)
- 3 Bonus & Video Tracks zur Entspannung
- Das beste daran: der Kurs hat kein Ablaufdatum.
Ich freue mich sehr, wenn ich dir mit der Schlaf Masterclass helfen kann, besser zu schlafen und entspannter im Alltag zu sein.
Die Masterclass findest du auf der Webseite der Kensho Academy:
Ich habe für dich noch einen Gutscheincode angelegt, damit du die Möglichkeit hast, von dieser einmaligen Masterclass zu profitieren. Mit dem Code SCHLAF-10 kannst du ganze 10% auf die Masterclass sparen. Schau dir die Masterclass einfach einmal an, du wirst überrascht sein, welches tolle Päckchen wir für dich geschnürt haben.
Balance für die richtige Erholung
Alle Strategien, die ich im heutigen dritten Teil der Serie vorgestellt habe, tragen dazu bei, die Balance zwischen Sympathikus (Anspannung, Aktivierung), den dazu gehörigen Hormonen & Neurotransmittern und dem Parasympathikus (Erholung, Heilung, Schlaf) sowie den dazugehörigen Neurotransmittern und Hormonen, immer wieder herzustellen.
All die Faktoren, die uns Energie rauben, rücken uns immer weiter in Richtung einer Aktivierung des Sympathikus: Stress, falsches Licht zur falschen Zeit, Handy & Bildschirme, Naturdefizit, Kaffee & Alkohol, Junk Food, Krankheit, Rastlosigkeit & Schlafmangel (siehe Teil 2: Unsere 9 größten ENERGIERÄUBER (Teil 2)).


Die heute vorgestellten Strategien unterstützen die Aktivierung des Parasympathikus und bilden damit die Voraussetzung für Erholung, Entspannung und Heilung: Achtsamkeit & Reflexion, Bildschirmpause, gezielte Entspannung, Bewegung & Dehnung, Natur, Verbundenheit & Nähe, echte Nahrung und die reflektierte Nutzung von Kaffee und Alkohol, sowie Schlaf.
Die Kunst der Entspannung trainieren
Viele von uns stehen über Jahre oder Jahrzehnte dauerhaft mit dem Fuß auf dem Gaspedal und rasen mit atemberaubendem Tempo durchs Leben (hohe sympathische Aktivierung). Früher oder später geht uns mit dieser Strategie einfach die Luft aus.
Manchmal hilft es schon, den Fuß vom Gas zu nehmen, aber wir müssen auch lernen, regelmäßig die Bremse zu treten (parasympathische Entspannung). Dafür habe ich im heutigen Artikel eine Menge Anhaltspunkte geliefert.
Die hohe Kunst und Voraussetzung dafür, nicht auszubrennen ist der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, wie bei einer Schaukel. Das müssen wir regelrecht kultivieren.


Was wir dafür tun müssen ist die eigene Wahrnehmung für unseren Zustand zu stärken (Interozeption), unsere Motivation zu hinterfragen (was treibt mich eigentlich an, warum komme ich immer wieder an diesen Punkt, dass mir die “Luft ausgeht”).
Das soll nicht heißen, dass wir von nun an fortwährend auf der Couch sitzen sollen, um zu genießen, was wir haben (auch wenn das gut fürs Serotonin ist). Aber die Energie für neue Ziele können wir nur aufbringen, wenn es uns zwischendrin gelingt, Tempo rauszunehmen, das zu schätzen was wir haben und unsere Batterie wieder aufzuladen.
Es ist nicht schwer,
Roy Disney
Entscheidungen zu treffen,
sobald du weißt,
was dir WICHTIG ist.
Hier geht es zu den vorigen Teilen der Serie:
Zum Weiterlesen auf meiner Seite:
- Onlinekurs SCHLAF MASTERCLASS: Endlich wieder gut schlafen!
- KAFFEE & SCHLAF: Was du wissen solltest!
- Die 3 Nahrungsergänzungsmittel für praktisch jeden
- Die besten Tipps für ein gesundes MIKROBIOM
- Was ist eigentlich eine “GESUNDE ERNÄHRUNG”?
- OMEGA-3 FETTE: Was du darüber wissen solltest
- Fette in unserer Ernährung – neue und überraschende Ergebnisse der Forschung.
Ressourcen & Quellen
- [1] Understanding & Conquering Depression | Huberman Lab Podcast #34
- [2] Hepp, Johannes (2022): Die Psyche des Homo Digitalis: 21 Neurosen, die uns im 21. Jahrhundert herausfordern – Wie wir unsere psychische Widerstandskraft stärken und heil durch den digitalen Dschungel finden. Kösel
- [3] How to Optimize Your Brain-Body Function & Health | Huberman Lab Podcast #30
- [4] https://www.soocial.com/screen-time-statistics/
- [5] The Science of Gratitude & How to Build a Gratitude Practice | Huberman Lab Podcast #47
- [6] https://www.research.colostate.edu/healthyagingcenter/2021/06/23/the-simple-act-of-stretching/
- [7] https://healthhavoc.com/nature-deficit-disorder/
- [8] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26788110/
- [9] https://www.psychologytoday.com/us/blog/psy-curious/201603/the-restorative-effect-nature
- [10] https://www.ornish.com/zine/why-spending-time-with-friends-will-lower-your-stress
- [11] https://www.sciencedaily.com/releases/2011/10/111026091229.htm
- [12] https://my.clevelandclinic.org/health/articles/22572-serotonin
3 Gedanken zu „ENERGIESPENDER: Die Kraft der richtigen Erholung (Teil 3)“