Gesünder essen ist sehr häufig ein Ziel, das wir uns setzen. Das klingt eindeutig und simpel. Aber gleich danach beginnt die große Verwirrung. Welche Veränderungen sind wichtig, welche sinnvoll und welche kann ich mir eigentlich sparen, weil sie nichts bringen? Jeder sagt etwas anderes. Muss ich Getreide meiden oder ist Vollkorn gut? Darf ich gar keinen Zucker mehr essen oder ist dieser gelegentlich kein Problem? Und wie kommt es eigentlich zu diesen komplett verschiedenen Empfehlungen? Der Artikel heute soll ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Hier kannst du dir diesen Artikel auch ANHÖREN:

Gesünder essen: Strategien, die für JEDEN passen. | Ep. #02 – Dr. Magdalena Schauenberg
Gesünder essen – um wen geht es dabei?
Viel Verwirrung entsteht einerseits natürlich durch Ernährungsempfehlungen, die schlicht und ergreifend veraltet sind, sich aber noch hartnäckig halten. Ein Stichwort wäre hier „low fat“, was dem Trend der 1980er und 90er Jahre entspricht und nichts anderes heißt als „fettarm“. (Ein ganzer Artikel dazu HIER)



Darüber hinaus werden in der Kommunikation um “gesunde Ernährung” oftmals zwei Faktoren überhaupt nicht genannt, die eine entscheidende Rolle spielen: Ausgangspunkt und Ziel.
Was ist mein Ausgangspunkt?
Wenn ich hier so darüber spreche, erscheint es sicherlich vollkommen logisch, dass jemand, der sich ausschließlich von Fast Food ernährt andere Empfehlungen braucht als jemand, der Bio-Produkte bevorzugt und viel buntes Gemüse isst. Der Ausgangspunkt beider Personen ist einfach komplett unterschiedlich. Und doch wird das in den zahlreichen Empfehlungen einfach über “einen Kamm” geschoren.
Was ist mein Ziel?
Gleiches gilt für das Ziel. Wenn ich übergewichtig bin, an einer chronischen Erkrankung leide oder Symptome habe, die durch Ernährung zu verbessern sind, brauche ich gezielte Empfehlungen, damit ich gesünder werden kann. Wenn ich Leistungssportler bin und meine sportliche Leistung optimieren möchte, muss eine Ernährung perfekt darauf abgestimmt sein.



Wenn ich eigentlich gesund und munter bin, mich aber frage, wo ich mich noch ein bisschen gesünder ernähren kann, werden die Empfehlungen sich von denen für den Leistungssportler unterscheiden (zumindest sollten sie das). Das heißt, auch in Abhängigkeit unseres Ziels sind Empfehlungen für eine gesündere Ernährung nicht identisch!
Gesünder essen oder gesund?
Auf Basis dieser oftmals nicht kommunizierten Unterscheidungen (Ausgangspunkt & Ziel), werden (vor allem medial) Empfehlungen durcheinander geworfen und lassen uns Konsumenten einfach ratlos zurück.
Helfen könnte uns hier eine Unterscheidung verschiedener Stufen von gesunder Ernährung. Denn wer gerade erst beginnt, ein bisschen besser zu essen, für den ist fast jede Veränderung eine Verbesserung. Wer schon fast perfekt für seine Bedürfnisse isst, muss an ganz anderen „Schräubchen drehen“, die für einen Einsteiger der 10. Schritt vor dem ersten wären und vermutlich erstmal für Entmutigung sorgen würden.



Es geht also, wenn wir einen objektiven Blick bewahren nicht darum, alles perfekt zu machen (das ist sowieso recht unrealistisch), sondern einfach besser als bisher!
Gesünder essen in 4 Stufen
Lasst mich ein paar Beispiele bringen, dabei ist die folgende Aufzählung natürlich keineswegs vollständig! Konzentrieren möchte ich mich dabei auf die verschiedenen Produktgruppen. Zu einigen ausgewählten Strategien folgt später noch ein Absatz. Angemessene Ernährung für bestimmte Erkrankungen, Symptome oder für Leistungssportler kann dieser Artikel heute nicht abdecken.
Nr. | Bewertung | Beispiele |
---|---|---|
0 | EINSTEIGER (Keineswegs bedarfsgerecht) | Brot & Co.: Weißbrot, weißes Toastbrot, Tiefkühl-Fertigpizza Getränke: Limonaden & Softgetränke mit Zucker Fruchtnektar etc. Milchprodukte: Puddingzubereitungen, fettarmer oder Diät-Fruchtjoghurt, Joghurt mit Schokopops etc., Milch-Shakes Fast Food: Pommes, Burger, Chicken Nuggets etc. Brotaufstrich: Marmelade Streichfette: Margarine, Diätmargarine Gemüse: keinerlei Gemüse Fleisch & Wurst: hochverarbeitete Wurstsorten, Gepökeltes, Fleisch aus Haltungsform 1 (Massentierhaltung), hochverarbeitete vegetarische oder vegane Produkte mit vielen Zusatzstoffen Snacks: Chips, Flips, Bonbons, Gummibärchen, Vollmilchschokolade, weiße Schokolade, Schoko-Riegel etc. |
1 | FORTGESCHRITTENER EINSTEIGER (Schon etwas besser) | Brot & Co.: Vollkorntoast, selbstgemachte Pizza mit viel Gemüse Getränke: Limonaden & Softgetränke mit Süßstoff oder Stevia Fruchtsäfte, Frucht-Smoothies Milchprodukte: Vollmilch-Fruchtjoghurt mit weniger Zucker Fast Food: kleine Portion mit einem Freund teilen, Burger mit echtem Brötchen & richtigem Fleisch Brotaufstrich: Marmelade mit mehr Fruchtgehalt (bspw. 60-70%) Streichfette: Margarine aus Olivenöl Gemüse: saure Gurken, Salat-Deko, Tomatensauce Fleisch & Wurst: Fleisch aus Haltungsform 2-3, Wurstsorten mit wenigen Zutaten (ohne Farbstoffe, Pökelsalze, Nitrite etc.), Snacks: gesalzene Nüsse, Studentenfutter, Obst, Zartbitterschokolade |
2 | MITTELSTUFE (Okay) | Brot & Co.: Vollkornbrot, selbstgemachte Pizza mit Vollkornboden, viel Gemüse und guten Zutaten Getränke: Saftschorlen, Gemüse-Obst Smoothies Milchprodukte: Vollmilch-Naturjoghurt mit frischen Früchten Fast Food: Pommes aus der Heißluftfriteuse Brotaufstrich: selbstgemachte Marmelade mit wenig Zucker Streichfette: Butter, Hummus (Kichererbsenmus) Gemüse: Kaisergemüse oder ein Beilagensalat Fleisch & Wurst: Fleisch & Wurst in Bio-Qualität, Snacks: Beeren, dunklere Schokolade (70% Kakaoanteil) |
3 | FORTGESCHRITTEN (Gut bis sehr gut) | Brot & Co.: (nur selten) Bio-Vollkorn-Roggenbrot oder glutenfreies Brot aus guten Zutaten Getränke: Wasser mit Zitrone, Limette oder Minzeblättern, Kräutertee, Green Smoothies aus Gemüse, Avocado etc. Milchprodukte: Kefir ohne Zucker, Bio-Naturjoghurt (Vollmilch) mit frischen Früchten & Nüssen, milchfreier Joghurt ohne Zucker (Zutaten checken!, Soja vermeiden) Fast Food-Alternative: Süßkartoffelscheiben im Backofen gebacken, Brotaufstrich: frisch pürierte Früchte – (noch besser: proteinhaltiges Frühstück mit guten Fetten!) Streichfette: Bio-Butter, Avocado, selbstgemachter Hummus Gemüse: in allen bunten Farben zu praktisch allen Mahlzeiten, roh und gedünstet, in Kombination mit guten Fetten für fettlösliche Vitamine, Salate, fermentiertes Gemüse wie Sauerkraut Fleisch & Wurst: Fleisch aus Weidehaltung, Wurst nur wenig verarbeitet ohne fragwürdige Zusatzstoffe Snacks: Nüsse, Mandeln, Saaten, Gemüsesticks, Mandelmus, Kokos-Chips, dunkle Bio-Schokolade (80% Kakaoanteil & mehr), Bio-Räucherlachs, Avocado (alles in Maßen) |
Mit dieser Tabelle kann man praktisch arbeiten: Suche für einige Lebensmittel heraus, in welcher Kategorie Du Dich im Moment befindest (0-3). Im nächsten Schritt könntest du versuchen herauszufinden, was die NÄCHST BESSERE Wahl für diese Kategorie ist und für Dich entscheiden, ob das eine Option für dich ist. Dazu wähle die nächsthöhere Kategorie als Option. Alternativen weiter unten in der Tabelle sind besser als im oberen Bereich. Natürlich solltest Du im Hinterkopf behalten, dass es bei Unverträglichkeiten immer besser ist, dieses Lebensmittel zu meiden.
Vielleicht erkennst du eine Systematik in dieser Tabelle? Höher bewertete Alternativen sind weniger verarbeitet, enthalten weniger Zusatzstoffe und Zucker und sorgen damit für einen stabileren Blutzuckerspiegel und eine bessere Versorgung mit lebensnotwendigen Nährstoffen.
Gesündere Strategien
Strategien gibt es wie Sand am Meer, von mehrtägigen Fastenkuren bis hin zu Detox, bestimmte Lebensmittelgruppen komplett wegzulassen etc. Nicht alles macht für jeden Sinn, auch hier spielen wieder Ausgangspunkt und Ziel eine große Rolle.



Vier Strategien kann aber praktisch jeder versuchen, umzusetzen und davon gesundheitlich profitieren.
- Essenspause nachts: Versuche, zwischen der letzten Kalorienaufnahme am Abend und der ersten am Morgen 12 Stunden Pause zu erreichen. Das gibt dem Körper die Möglichkeit aufzuräumen und ist enorm förderlich für die Gesundheit unseres Stoffwechsels (mehr dazu HIER)
- Essenspausen am Tag: Tagüber ist es empfehlenswert, nicht pausenlos zu snacken oder kalorienhaltige Getränke zu konsumieren. Ein gutes Ziel sind 3-5 Stunden Pause zwischen Mahlzeiten und der Aufnahme von Kalorien für die meisten Menschen. Wenn du zur nächsten Mahlzeit Hunger hast, dann hast du alles richtig gemacht. Steigere die Pausen schrittweise. Zwischendrin kannst du natürlich Wasser trinken, zuckerfreien Tee oder Kaffee.
- Sättigung: Wie viel wir essen hat einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit. Viel zu oft haben wir nach einer Mahlzeit ein ungutes Völlegefühl. Das zeigt, dass wir mehr gegessen haben als wir brauchen. Versuche nur so viel zu essen, bis dein Magen etwa 80% gefüllt ist. Das erfordert Aufmerksamkeit und ein bisschen Erfahrung! Viel Spaß dabei! (mehr dazu HIER)
- Wasser trinken: Wasser sorgt besser als jede Limonade oder andere Getränke für eine Hydrierung unseres Körpers. Unser Wassergehalt im Körper beträgt mehr als 60%. Jeder Prozess, jede Zelle, jedes Organ ist auf ausreichend Flüssigkeit angewiesen. Oftmals verwechseln wir auch Durst mit Hunger. Mach es dir zur Gewohnheit ausreichend Wasser zu trinken, am Morgen gern mit einer Prise Meersalz für eine optimale Versorgung mit Elektrolyten.
Wie finde ich heraus, was gut für mich ist?
Generell ist es immer gut für deine Gesundheit, eine Auswahl an Nahrungsmitteln zu treffen, die weniger verarbeitet sind und die weniger Zusatzstoffe enthalten. Letztere sind dafür bekannt und berüchtigt, Hunger und Sättigung durcheinander zu bringen und deine Neurotransmitter, die für Zufriedenheit oder Stress sorgen zu stören.
Das beste Feedback, was für dich passt, ist jedoch dein eigenes Befinden. Gib dir für jede Veränderung ein paar Wochen Zeit, um herauszufinden, wie du damit klarkommst. Natürlich kannst du keine enormen gesundheitlichen Verbesserungen erwarten, wenn du von Weißbrot auf Vollkorntoast umsteigst. Aber das könnte der erste Schritt in die richtige Richtung sein.



Wenn du auf einmal beginnst, von bestimmten (gesunden) Lebensmittelgruppen deutlich mehr zu essen (z. B. Gemüse), kann es sein, dass sich deine Verdauung erst einmal anpassen muss. Manchmal bietet es sich dann an, einen Schritt zurück zu gehen, und die Portionen etwas kleiner zu gestalten.
Mit Struktur beginnen, gesünder zu essen
Bei all den Empfehlungen, die es für eine gesündere Ernährung gibt und geben könnte, sind wir oft etwas ratlos und tun dann einfach nichts. Das ist vermutlich keine Lösung ;-).
Ich wünsche mir, dass diese Systematik im heutigen Artikel dir die Gelegenheit gibt, einen realistischen Ansatzpunkt zu finden, um gesünder zu essen als bisher. Was man alles machen KÖNNTE und was alle ANDEREN machen, spielt dabei erst einmal keine Rolle. Eine Ausnahme in diesem Fall wäre natürlich eine dringende Empfehlung deines Arztes. Dann kann es manchmal nötig sein, von Stufe “0” auf “3” zu springen, weil es gerade “5 vor 12” ist.
Suche dir eine Lebensmittelgruppe aus der Tabelle, bei der du bereit bist, bessere Entscheidungen zu treffen und suche in der Kategorie darunter, was diese Optionen sein könnten! Viel Spaß dabei!
Ich freue mich übrigens auch über eure Kommentare, vielleicht zu in der Tabelle genannten Lebensmitteln, euren liebsten gesunden Alternativen und worauf ihr gar nicht verzichten möchtet und warum.
Zum Weiterlesen:
- Welche Ernährung ist eigentlich wirklich “gesund”?
- Die Eichhörnchenstrategie für 2021: Woche #1 – Pausen
- Mehr Gesundheit: die 10 besten Strategien
- Fette in unserer Ernährung – neue und überraschende Ergebnisse der Forschung.
- Süßstoff oder Zucker, was ist besser?
- 10 Zeichen dafür, dass du zuckersüchtig bist
- Was macht uns eigentlich krank?
- KURS: Avahanam – Stressfrei leben
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Externe Links:
- Sind Sojaprodukte für jeden geeignet? (ein Artikel von mir auf der Seite von CodeCheck)
- Diese Lebensmittel sind weniger gesund als du denkst. (ein Artikel von mir auf der Seite von CodeCheck)