Freiheit in der Reaktion – wir haben eine Wahl.

Provozierte-Reaktionen

Wir kennen sie alle, diese Menschen oder Situationen, die uns innerhalb von Sekunden zu einer Reaktion provozieren können, die gar nicht zu uns passt. Eigentlich sind wir ja geduldig, verständnisvoll und freundlich. Aber manchmal sind es bestimmte Trigger, die uns das augenblicklich vergessen lassen. Haben wir in diesen Situationen eine Wahl? Und wie können wir unsere Sichtweise derart verändern, damit wir aus unseren Reaktionen sogar etwas über uns lernen?

Unsere Reaktionen auf Menschen

Wie oft machen wir andere Menschen dafür verantwortlich, wie wir uns fühlen. Der Partner sorgt dafür, dass wir unzufrieden sind, die Kollegin ist verantwortlich dafür, dass wir gereizt sind und der unfähige Autofahrer auf der Autobahn provoziert unseren Wutausbruch.

Das Verhalten anderer provoziert unsere Reaktionen
Photo Credit: jwvein auf Pixabay

Aber sind andere Menschen tatsächlich dafür verantwortlich, wie wir uns fühlen?

Unsere Reaktionen auf Situationen

Natürlich haben wir uns bestimmte Situationen, in denen wir uns wiederfinden, nicht bewusst ausgesucht. Und dennoch ändert es nichts an diesen Situationen, wenn wir uns sträuben, sie so zu nehmen, wie sie im Moment gerade sind.

Reaktionen-Abwehr
Photo Credit: Robin Higgins auf Pixabay

Es gibt Dinge, die wir nicht ändern können. Uns deswegen hartnäckig zu ärgern oder wütend zu werden, ändert an den Rahmenbedingungen zunächst nichts. Ein Jobverlust, Corona, eine Handlung oder Meinung von anderen Menschen, ein geplatzer Urlaubsplan oder eine Erkrankung können wir nicht ungeschehen machen, wenn wir uns ärgern. Das Einzige, das sich an dieser Situation ändert, ist unser Befinden und unsere Zufriedenheit. Wenn wir uns ärgern, manövrieren wir unseren Körper in eine Stressreaktion hinein. Die Situation bleibt die Gleiche und nun geht es uns dabei auch noch schlecht. Klingt nicht nach einem guten Deal.

Was wir ebenfalls oft nicht bedenken ist, dass ein Situation im Moment unschön, schmerzhaft oder traurig sein mag, sich aber rückblickend als ein Segen erweisen kann. Ohne den Jobverlust hätte man vielleicht nie den neuen Traumjob gefunden, ohne die Trennung nie den liebevollen Partner kennengelernt. Warum haben wir so wenig Vertrauen in die Zukunft?

Was beeinflusst unser Befinden?

Ist unser Befinden tatsächlich davon abhängig, welchen Rahmenbedingungen wir ausgesetzt sind und wie Menschen um uns herum agieren und reagieren? Wenn es so wäre, hätte das eine enorme Tragweite. Wir könnten dann nur glücklich und zufrieden sein, wenn alle Menschen in unserer Umgebung so handeln, wie wir uns das wünschen und alle Rahmenbedingungen perfekt wären. Wann wird das sein? Nie!

Wenn unser Seelenfrieden davon abhängen würde, wären wir absolut machtlos, in einer perfekten Opferrolle. Wir hätten absolut keinen Einfluss darauf, wie gelassen oder zufrieden wir sind. Denn unser Befinden würde ja immer von anderen Menschen und Rahmenbedingungen abhängen. Wir bräuchten selbst auch nichts zu unternehmen, um glücklicher oder gelassener zu werden, weil es keine Bedeutung hätte. Aber zu erwarten, dass andere Menschen sich so verhalten, wie wir uns das wünschen, ist ebenso vergeblich, wie auf perfekte Rahmenbedingungen zu warten.

Unsere Reaktionen hängen vom Gang des Universum ab
Photo Credit: skeeze auf Pixabay

Erwarten wir damit doch nicht weniger, als dass das Universum unseren Plänen folgt. Es ist ein bisschen wie draußen in den Himmel zu schauen und empört zu behaupten, dass die Sonne jetzt im Westen statt Süden stehen solle, weil wir uns das wünschen. Auf die Idee würde niemand kommen und uns wäre absolut klar, dass dieser Widerstand zwecklos ist. Und doch halten wir es für völlig normal, dass andere Menschen sich so verhalten könnten, wie wir uns das vorstellen und sich Rahmenbedingungen ausschlielich zu unserem Vorteil entwickeln [1].

Sind Reaktionen individuell?

Reagieren eigentlich alle anderen Menschen auf die gleiche Person oder Situation, wie du? Sind andere Menschen ebenfalls davon in gleichem Maß getriggert, dass deine Partnerin sich gern mit ihren Freundinnen trifft? Reagieren alle in deinem Team gereizt darauf, dass dein Kollege gern pünktlich Feierabend macht? Sind alle Menschen, verärgert über die Parkplatzsituation in deiner Firma? Vermutlich nicht, denn Reaktionen sind individuell und nicht objektiv. Wären sie objektiv würde das heißen, dass ein Verhalten oder eine bestimmte Rahmenbedingung zwangsläufig immer eine bestimmte festgelegte Reaktion einer anderen Person zur Folge haben würde. Das wäre quasi ein Naturgesetz und nicht zu verändern, wie die Schwerkraft.

Unsere Reaktionen sind keine Naturgesetze
Photo Credit: maciej_05 auf Pixabay

Reaktionen finden jedoch in uns statt und nicht außerhalb von uns. Sie sind daher ganz eng damit verwoben, wer wir sind, wer wir zu sein glauben und welche Erfahrungen wir in unserem Leben bisher gesammelt haben. Und dennoch sind wir ihnen nicht einfach ausgeliefert.

Situationen als Lerngelegenheiten

Wir sehen Situationen und Reaktionen von anderen Menschen vor unserem eigenen Erfahrungshintergrund. Sie zeigen uns, wenn wir einen offenen Blick darauf richten, viel von uns selbst.

Wenn du selbst Armut erfahren hast, reagierst du vielleicht gereizt, wenn jemand in deinen Augen verschwenderisch mit Geld umgeht. Hast du Gewalt in der Familie erlebt, reagierst du vermutlich besonders sensibel auf bestimmte Situationen, die dich daran erinnern. Wenn du dich mit dir selbst nicht wohlfühlst, triggern dich möglicherweise Situationen, die dir deine Sichtweise bestätigen, nicht gut genug zu sein.

Reaktionen-Trigger
Photo Credit: Toby Parsons auf Pixabay

Letztendlich sind Situationen, die uns triggern, also ärgerlich, gereizt, aggressiv oder sogar ängstlich werden lassen, eine wunderbare Lerngelegenheit, die uns das Leben schickt. Wenn es uns gelingt, sie offen zu sehen und neugierig zu erforschen, warum wir so reagieren, macht uns das besser. Denn wir lernen immer besser zu erkennen, wo wir noch verwundbar sind und wo wir uns Stories erzählen, die nicht einmal wahr sind.

Wie kann ich Erlebnsse anders deuten?

Nur weil du vielleicht einen Vortrag in der Schule nicht flüssig absolvieren konntest, heißt das nicht, dass du dumm bist und das immer so sein wird. Vielleicht zeigt diese Situation einfach, dass du öffentliches Sprechen häufiger üben solltest?

Nur weil dich ein Partner verlassen hat, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass du nicht gut genug bist. Das mag einfach daran gelegen haben, dass eure Werte und Einstellungen nicht gepasst haben oder er/sie emotional nicht frei gewesen ist für eine Beziehung.

Eine Trennung kann rückwirkend ein Segen sein
Photo Credit: Gerd Altmann auf Pixabay

Auch wenn deine Mutter dich früher ermahnt hat, weniger zu essen, weil du sonst zu dick wirst, heißt das nicht, dass du immer dick bleiben wirst. Vielmehr hat deine Mutter ihr eigenes angespanntes Verhältnis zu ihrer Figur und dem Thema Ernährung auf dich projiziert und du hast es übernommen.

Wie kann ich meine Reaktion verändern?

Zunächst einmal sollten wir neugierig sein und schauen, welche sich wiederholenden Situationen und Personen uns triggern. Was macht uns immer wieder ärgerlich oder wütend? Welche Situationen sorgen dafür, dass wir uns hilflos oder ängstlich fühlen? Das liegt nicht an der Situation oder anderen Person, sondern der Bedeutung, die wir ihr beimessen. Unsere Interpretation ist also entscheidend.

Erste Überlegungen

Erste Überlegungen kannst du ganz einfach auf der Couch absolvieren, indem du auf die letzten Tage, Wochen oder Monate zurückschaust.

Der Alltag selbst wird dir, wenn du aufmerksam bleibst, in den nächsten Wochen unweigerlich zeigen, welche Situationen Arbeit an dir erfordern.

Dabei sollten wir in Betracht ziehen, dass Widerstand der Realität gegenüber schlicht und ergreifend zwecklos ist. Denn sie ist so, wie sie gerade ist.

Zeit gewinnen

Versuche dann in diesen Momenten Abstand zu gewinnen, einmal durchzuatmen und zu hinterfragen, warum du gerade so reagierst. Manchmal ist es auch schon zu spät, die Reaktion ist bereits herausgeplatzt, dann können wir die Situation später analysieren und überlegen, wie wir das nächste Mal reagieren können.

Reaktionen-Nachdenken
Photo Credit: Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Gerade bei Reaktionen auf andere Menschen, können wir manchmal “Zeit schinden”, anstatt sofort zu reagieren. Beispiel: Dein Chef möchte dir ein neues Projekt übertragen und du fühlst sofort einen Knoten in deinem Bauch und möchtest eigentlich absagen. Bitte um einen Moment Zeit, so dass du die Situation oder Aufgabe betrachten kannst, ohne dich von deinen Emotionen leiten zu lassen. Dann fällt dir vielleicht auf, dass du Angst hast, zu versagen. Wenn du dich an die zahlreichen erfolgreichen Projekte in deiner Laufbahn erinnerst, weißt du aber eigentlich, dass du es schaffen kannst und daran wachsen wirst.

Welche Situationen bieten dir interessante Einsichten über Erlebnisse, die heute noch deine Reaktionen prägen, ohne dass du dir dessen bisher bewusst gewesen bist?


Mehr auf meiner Seite:


Empfohlener Podcast, wenn dich das Thema interessiert:

[1] Broken Brain Podcast: Peter Crone bei Dhru Purohit (2019): How to Redesign the Subconscious Mind from Limitation to Freedom with Peter Crone. (YouTube in Englisch, aber extrem hörenswert!)

3 Gedanken zu „Freiheit in der Reaktion – wir haben eine Wahl.

  1. Ein extrem hilfreicher Beitrag, für mich und absolut wert, geteilt zu werden! Jede Menge Denkanstöße und viel Wahrheit,…teilweise wie ein Spiegel für mich.
    Vielen lieben Dank für diesen Beitrag, Magdalena!

    1. Hallo. Vielen lieben Dank für dieses Feedback. Ich freue mich sehr darüber. Vielleicht kann man so in der einen oder anderen Situation plötzlich erkennen, warum man immer wieder so reagiert! Das ist der wichtigste Aspekt, um etwas zu verändern! Vielen Dank!

  2. Guten Tag Magdalena, ich beschäftige mich auch und teils beruflich mit den Themen Selbstmanagement, Krisenmanagement usw. Die Zusammenfassung sowie Praxisanleitungen mit weiteren Fundstellenhinweisen zu dem Podcast sind echt stark. Danke dafür und schönen Tag noch! Viele Grüße Stephan

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