Gesundes Essen? Die innere Uhr entscheidet

Gesunde Ernährung_Innere Uhr

Wir achten in unserem Alltag oftmals darauf, WAS wir essen und versuchen, häufiger gesundes Essen zu wählen. Was aber, wenn ich euch sage, dass „gesunde“ Lebensmittel zur falschen Zeit gegessen im Körper wie wie JUNK FOOD wirken? Wäre das eine Überraschung?

Zirkadianer Rhythmus & gesundes Essen

Unser Betriebssystem basiert seit Millionen von Jahren auf einer „inneren Uhr“, dem so genannten „Zirkadianen Rhythmus“. Dieser steuert alle Prozesse und deren Koordination in unserem Körper auf chemischer, genetischer und neurologischer Ebene. Diese innere Uhr regelt, wann wir am besten geistige und körperliche Höchstleistungen vollbringen können, wann unser Gedächtnis am besten funktioniert, wann wir am besten entgiften, heilen und wann wir am besten schlafen können.

Im Einklang mit den Rahmenbedingungen

Die Koordination und Synchronisation dieser Millionen von Prozesse, hat sich im Einklang mit unseren natürlichen den Rahmenbedingungen entwickelt, vor allem dem Wechsel von Hell und Dunkel, aber auch Aktivität und Nahrung.

Gesundes Essen uns seine Wirkung ist an die Innere Uhr gekoppelt
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Jeder Prozess hat einen bestimmten Verlauf innerhalb von 24 Stunden: bspw. laufen Reparaturen nachts auf Hochtouren, die Verdauung hingegen am Tage. Basierend auf der Inneren Uhr gibt es also Zeiten, zu denen unser Körper darauf vorbereitet ist, Essen zu verdauen und Zeiten in denen es absolut unpassend ist, weil im Verdauungstrakt gerade renoviert wird.

Erforderliche Reparaturen

Und das ist kein Scherz: Unser Magen muss bspw. jede Nacht 7-15% aller Zellen reparieren [2], die unseren Magen innen auskleiden (Magenschleimhaut). Auch an praktisch allen anderen Organen müssen Schäden repariert werden, die am Tage entstanden sind [1].

Auch an praktisch allen anderen Organen müssen Schäden repariert werden, die am Tage entstanden sind
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Das klappt nur, wenn in diese Renovierung nicht plötzlich eine neue Lieferung von Nahrung hereinplatzt, wir sollten also „fasten“ und wir müssen auch noch gut schlafen. Von besonderer Bedeutung ist hier der Tiefschlaf [1].

Nur dann werden Wachstumshormone im Gehirn (Hypophyse) ausgeschüttet, die notwendige Reparationsprozesse anregen [1]. Wenn wir nun am späten Abend – oder nachts - doch noch etwas essen, wirkt selbst „gesundes Essen“ im Körper wie Junk Food [1].

Besuch um Mitternacht

Es ist ein bisschen, wie wenn Freunde dich nachts um 3 Uhr besuchen kommen, einfach so, um um ein bisschen zu quatschen. Zu dieser Zeit läuft dieser Besuch auch komplett anders ab als sonst, denn nichts passt gerade: Du bist verschlafen, nicht vorbereitet und auch gar nicht in Stimmung für Besuch!

Essen mitten in der Nacht ist, als würden Dich deine Freunde aus dem Bett klingeln.
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Ähnlich ist das in unserem Körper, wenn wir zu einer für die innere Uhr unpassenden Zeit essen [1]:

  • die Galle schläft gerade,
  • die Bauchspeicheldrüse produziert kein Insulin,
  • die Magenschleimhaut wird gerade repariert

Trotzdem versucht der Körper das Essen zu verdauen und sich darauf einzustellen, dass morgen um diese Zeit vielleicht wieder Nahrung geliefert wird, die verdaut werden muss.

Fazit: Diese Nahrung verstellt die inneren Uhren von Körper und Gehirn gegeneinander. Sie werden also aus ihrer optimalen Synchronisation gerissen.

Jetlag durch gesundes Essen?

Die Körperuhr verstellt sich, weil Nahrung ja nur am Tag vorgesehen ist. Die "Gehirnuhr reagiert jedoch nicht auf die Nahrungszufuhr und bleibt in ihrer „Zeitzone“. In der Folge ist dein Körper in einer anderen Zeitzone als dein Gehirn (Jetlag).

Und ab da dauert es einige Tage, bis sich die Körperuhr wieder umgestellt hat, nämlich etwa 1 Stunde je Tag, wie bei richtigem Jetlag, also wenn wir in eine andere Zeitzone reisen.

Das sorgt dafür, dass wir am nächsten Tag so etwas wie ein Essens-„Kater“ haben können („Food-Hangover“) [1].

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Wir sind möglicherweise dauerhaft hungrig, fühlen uns irgendwie „überfahren“ als hätten wir einen Jetlag. Und tatsächlich haben wir ja Jetlag, ohne gereist zu sein.

Gesundes Essen & Tipps für den Alltag

Um dies zu vermeiden sollten wir berücksichtigen, welche Prozesse zu welchen Zeiten ablaufen. Für unseren Körper ist es daher am besten, wenn wir in der ersten Stunde nach dem Aufstehen NICHTS essen, auch keinen Kaffee (Tee) mit Milch und/oder Zucker. Schwarzer Kaffee / Tee wäre hingegen in Ordnung.

Anmerkung: Wenn du morgens sehr müde bist, ist das ein Indikator dafür, dass du nicht genug oder nicht gut genug geschlafen hast. In diesem Fall wären die Schlafdauer und Qualität sicherlich Prioritäten, die du angehen solltest.

Tipp bei Reflux: Schwarzer Kaffee am Morgen ist in der Regel nicht gut bei Reflux. Wenn du darunter leidest, solltest du Kaffee erst trinken, nachdem du etwas gegessen hast.


Mehr zum Thema Schlaf findest du hier:


Warum nicht sofort nach dem Aufstehen essen?

Unser Schlafhormon Melatonin ist - wenn wir aufwachen - noch recht hoch und es braucht etwa 1-2 Stunden, um abzusinken. Weil dies ein Hormon ist, das vor allem nachts wirksam ist, verhindert es die Ausschüttung von Insulin, dass als Reaktion auf Nahrungsaufnahme ausgeschüttet werden sollte.

In der Folge steigt unser Blutzuckerspiegel in schwindelerregende Höhen und das schadet vor allem den Nervenzellen in unserem Körper.

Wir reagieren morgens, kurz nach dem Aufstehen, also mit einem deutlich höheren Blutzucker auf das gleiche Getränk oder die gleiche Nahrung als das später am Tag der Fall ist. Selbst 1 TL mit 5g Zucker ist mehr als das, was normalerweise in unserem Körper zirkuliert, wenn wir einen normalen Nüchternblutzucker haben (4-5g Zucker gelöst auf etwa 5 Liter Blut ergeben einen Nüchternblutzucker von 100mg/dl). Selbst mit diesem Teelöffel Zucker im Kaffee muten wir unserem Körper also super viel Arbeit zu und erreichen schnell einen Blutzucker von 140-160 mg/dl, was viel zu hoch ist.

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Und noch ein Grund: Cortisol, das Aktivierungshormon aus der Nebenniere macht uns am Morgen wach. Es erreicht erst 45-60 min nach dem Aufstehen seinen höchsten Punkt. Vorher ist unser Körper einfach noch nicht bereit Nahrung zu verdauen.

Beste gesundheitliche Effekte

Generell sind die besten gesundheitlichen Effekte nachweisbar, wenn wir versuchen, innerhalb eines Fensters von ca. 10 Stunden zu essen. Daraus ergibt sich eine regelmäßige  „Essenspause“ (über Nacht) von 12-14 Stunden. Das trägt dazu bei, Reparaturen zu gewährleisten und der inneren Uhr Rechnung zu tragen.

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Aus der ersten Mahlzeit, mindestens eine Stunde nach dem Aufstehen, können wir also ganz einfach die Verteilung der folgenden Mahlzeiten über den Tag errechnen und planen.

Beispiel Tagesplan

  • Morgens erste Mahlzeit / oder Kaffee mit Milch um 8 Uhr
  • plus 10 Stunden
  • ergibt: letzte Mahlzeit / Kalorie um 18 Uhr (Mahlzeit, Snack, kalorienhaltiges Getränk)

Wenn dies für dich zu schwierig erscheint, kannst du entweder das gesamte Zeitfenster weiter nach vorn oder hinten verschieben, oder folgenden Einsteigertipp beherzigen.

Für den Einstieg kannst du nämlich auch mit einem 12 Stunden Essens-Zeitfenster beginnen. Das ist immer noch weitaus besser, als ein Zeitfenster für Mahlzeiten von 14 oder 15 Stunden. Allerdings hat es eben auch weniger positive Effekte als ein kleineres Fenster von 8-10 Stunden. Aber bei derartigen Veränderungen müssen wir ja nicht alles auf einmal machen, sondern überhaupt erst einmal beginnen.

Effekte des verkürzten Essensfensters

Das verkürzte Essensfenster hat oft den Effekt, dass wir besser schlafen, der Körper besser heilen und reparieren kann, wir weniger Heißhunger haben und bessere Entscheidungen hinsichtlich des Essens am Tage treffen. Das heißt beispielsweise weniger hochverarbeitete Nahrung, die oft sehr kalorienreich und nährstoffarm ist und weniger Alkohol am Abend.

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Das heißt, allein über die Veränderung des Zeitfensters für Mahlzeiten, wird oft die Qualität des Essens besser und wir essen oft auch ein bisschen weniger (5-20%) [1]. Diesen Effekt finde ich schon ziemlich erstaunlich dafür, dass wir eigentlich erst einmal nur die Zeiten ändern, also WANN wir essen.

Strategien dieser Art sind absolute Goldstücke im Gesundheitscoaching. Sie ebnen den Weg für weitere positive Verhaltensweisen, ohne dass dies mehr Willenskraft und Energie erfordern würde. Probierst du es aus?


Mehr Zu Themen wie Fasten, Innere Uhr, Nährstoffen und Alkohol findest du hier:


Quellen und Ressourcen

[1] Satchin Panda bei Rangan Chatterjee 2022: https://www.youtube.com/watch?v=wPwvATBw7HI

[2] Fasting, Autophagy and Cell Repair - with Dr. Satchin Panda | The Proof EP 221 https://youtu.be/uGBgcYBwjvA?si=TjTAC7svg7XaiBwL

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