Macht INSULIN uns dick?

Macht Insulin uns dick?

INSULIN ist ein Hormon, das unser Körper bildet, um Zucker zu den Zellen zu transportieren. Kann dieses Hormon dafür verantwortlich sein, dass wir immer dicker werden und diese Gewichtszunahme nicht in den Griff zu bekommen scheinen?


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Was ist Insulin?

Insulin, ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird, ist überwiegend für den Transport von Glukose vom Blut in die Zellen verantwortlich. Diese Glukose können die Zellen dann nutzen, um Energie zu gewinnen. Man kann sich das Insulin wie einen Bus vorstellen, der die Passagiere (den Zucker im Blut) zur nächsten Haltestelle (Zelle) transportiert. Das ist ein wichtiger Prozess in unserem Körper und wenn wir kein Insulin hätten, wie Typ 1 Diabetiker, müssten wir uns künstlich Insulin zuführen.

Insulin ist ein Bus, der den Zucker (Passagiere) zu den Zellen bringt.
Photo Credit: Rudy and Peter Skitterians auf Pixabay

Zu jeder Zeit ist normalerweise in unserem ganzen Blut - etwa 5-6 Liter - nur 1 TL Zucker gelöst enthalten. Das ist der Normalzustand und die geringe Menge an zirkulierendem Zucker finde ich ziemlich erstaunlich. 1 TL Zucker auf 5-6 Liter Flüssigkeit ist nicht viel. Für alles, was darüber hinausgeht, also wenn wir mehr Zucker konsumieren als im Blut vorhanden sein soll, produziert die Bauchspeicheldrüse Insulin, um den Normalzustand wieder herzustellen. Dabei wird überflüssiger Zucker auch als Fett gespeichert. Eine Reserve für schlechte Zeiten. Soweit ist das ein perfektes Regelsystem.

Unsere Ernährung sorgt für eine Insulinschwemme

Die Krux daran ist jedoch, dass wir diesen Mechanismus mit unserer Art der Ernährung massiv überstrapazieren und ohne Bewegung nur ziemlich wenig Energie benötigen. Entwicklungsgeschichtlich gab es nur im Herbst, wenn Früchte reif waren, nennenswerte Mengen an Kohlenhydraten. Dann Fettreserven anzulegen, um einen kargen Winter zu überleben, ist überaus clever.

Und wie sieht es heute aus? Kohlenhydrate gibt es rund um die Uhr, das ganze Jahr. Brötchen mit Marmelade zum Frühstück, Zucker in den Kaffee, der Müsliriegel zwischendurch, Kartoffeln oder Nudeln zum Mittagessen, nachmittags ein süßes Teilchen, abends natürlich Brot und dann noch Schokolade und ein Bier vor dem Fernseher. Gemessen an dem 1 TL gelösten Zucker im Blut - im Normalfall - ist das eine enorme Menge. Und wir bewegen uns kaum, verbrauchen diese aufgenommene Energie also nicht.

Wenn wir uns nicht bewegen, verbrauchen wir den vielen Zucker nicht und speichern Fett.
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Verzuckerung der Zellen

Unsere Bauchspeicheldrüse schiebt also Überstunden, um den Blutzuckerspiegel bei dieser enormen Zufuhr an Kohlenhydraten, normal zu halten. Gleichzeitig wird dieser Zucker als Fett gespeichert, denn unser Körper weiß gar nicht wohin damit, denn alle Speicherräume sind schon belegt.  Die Zellen haben auch keine Lust, mehr Zucker aufzunehmen und ignorieren das Insulin, das noch mehr "Passagiere" bringen will (Insulinresistenz). Wir verbrennen natürlich auch kein Fett, wenn Energie im Übermaß vorhanden ist. Warum sollte unser Körper auch an unsere "Reserven für schlechte Zeiten" gehen, wenn fast ohne Pause leicht verfügbare Energie (Zucker) nachgeliefert wird?

Bei dauerhafter Anlieferung von Zucker, werden die Zellen resistent für Insulin.
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Wenn Zellen keinen Zucker mehr aufnehmen, dann steigt der Blutzuckerspiegel. Unsere Zellen verzuckern und können nicht mehr normal funktionieren. Gemessen wird das mit dem Langzeitblutzucker (HbA1C), der angibt, wie viel Prozent unseres Hämoglobins (das ist der rote Blutfarbstoff) schon verzuckert sind (5,2 ist bspw. 5,2% - das wäre ein guter Wert). Wenn die Bauchspeicheldrüse viele Jahren Überstunden gearbeitet hat, ermüdet sie meistens früher oder später und kann ihren Dienst nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen. Wenn wir nichts an Ernährung und Lebensstil verändern, werden wir mit dramatischen gesundheitlichen Folgen, Übergewicht, Muskelabbau und Nervenschäden leben müssen.

Freifahrtschein für chronische Entzündungen

Das Bewusstsein für die gesundheitlichen Konsequenzen, die unser übermäßiger Zuckerkonsum verursacht, ist in den letzten Jahren glücklicherweise gestiegen. Ist der viele Zucker in unserem Essen und in den Getränken doch ein Freifahrtschein für Entzündungen, Depressionen, Übergewicht und Diabetes. Letzteres erhöht das Risiko für Alzheimer (für das es bisher keine Heilung gibt) um 100 bis 400% (die Angaben variieren je nach Quelle) [6, 7].

Insulin-Blutzucker
Photo Credit: korpiri auf Pixabay

Ein hoher Blutzuckerspiegel ist Gift für unsere Schaltzentrale [1]. Er sorgt dafür, dass bestimmte Gehirnareale schrumpfen, das Gehirn nicht mehr optimal funktionieren kann und erhöht das Risiko für Demenz [1]. Diese Zusammenhänge gelten sogar für Blutzuckerspiegel, die gemeinhin noch als "normal" angesehen werden, nämlich für einen Wert von unter 110 mg/dl. Diabetes wird hingegen in der Regel erst ab einem Nüchternblutzucker über 125 mg/dl diagnostiziert [2].

Welche Lebensmittel locken besonders viel Insulin?

Kohlenhydrate werden im Körper zu Zucker abgebaut. Klassische Beispiele dafür sind Brot, Reis, Nudeln, Kartoffeln, Gebäck, Zucker und süße Getränke. Auch alkoholische Getränke zählen dazu! Je mehr Kohlenhydrate wir essen, desto mehr Insulin muss die Bauchspeicheldrüse produzieren, um den Blutzuckerspiegel normal zu halten (siehe oben).

Der Keks zwischendurch lockt jedes Mal aufs Neue wieder Insulin.
Photo Credit: Ylanite Koppens auf Pixabay

Auch Gemüse zählt zu den Kohlenhydraten. Jedoch enthält es in der Regel viel Wasser und relativ wenige Kohlenhydrate, gemessen am Volumen. Daher fallen die meisten Gemüse nicht in die oben genannte Kategorie der stärkehaltigen Kohlenhydrate. Ausnahmen sind Kartoffeln, Mais und Kürbis, sie zählen zu den stärkehaltigen Kohlenhydraten, sorgen also für mehr Insulinausschüttung.

Unser Zuckerkonsum ist von 6,2 kg im Jahr 1874 auf 35 kg im Jahr 2017 gestiegen [3]. Das Hauptproblem dabei ist aber nicht der Zucker, den wir uns in den Kaffee tun, sondern der "versteckte Zucker" in verarbeiteten Produkten. Zucker in großen Mengen finden wir nicht nur an offensichtlichen Stellen wie Limonade oder Süßigkeiten, sondern viel perfider auch in Ketchup, Fertiggerichten, Backwaren, Fruchtjoghurt, Marmeladen und Salatsaucen. Die meisten stark verarbeiteten Lebensmittel enthalten jede Menge an Kohlenhydraten und Zucker. Selbst wenn Produkte werbetechnisch mit Fitness oder Schlankheit in Zusammenhang gebracht werden, sind sie häufig ein Rezept für Diabetes und Übergewicht.

Auch wenn mit Fitness und Schlankheit geworben wird, sind Produkte oft reich an Zucker.
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Gut zu wissen ist es, dass auch übermäßiger Verzehr von Eiweiß (Protein) in Form von Eiweißshakes, Fleisch, Fisch oder Milchprodukten, für eine Insulinausschüttung sorgt. Das heißt nicht, dass wir kein Eiweiß essen, sondern dass wir uns dieses Mechanismus bewusst sein sollten. Hier ist die Menge entscheidend.

Wie kann ich den Insulinspiegel niedrig halten?

Im folgenden möchte ich euch 5 simple Tipps präsentieren, die helfen können, den Insulinspiegel niedrig zu halten oder wieder auf ein gesundes Maß zu reduzieren. Am Ende werde ich noch vorstellen, wie man das Insulin messen lassen kann. Es kann sehr spannend sein, diesen Test vor und nach einer Veränderung in Ernährung und Lebensstil miteinander zu vergleichen, weil wir ein direktes Feedback bekommen, ob wir auf dem richtigen Wege sind.

Sparsamer Umgang mit Zucker und stärkehaltigen Kohlenhydraten

Die besonders naheliegende und absolut essenzielle Empfehlung ist die Reduktion stärkehaltiger Kohlenhydrate und Zucker aus Gebäck, Nudeln, Brot, Reis, Süßigkeiten, Alkohol und süßen Getränken. Versuche, diese Mengen zugunsten von Gemüse zu reduzieren. Dieses kann gern um Olivenöl ergänzt werden, denn dieses wertvolle Fett liefert Nährstoffe und ist insulinneutral.

Mehr zum Thema:

Pause zwischen den Mahlzeiten

Versuche, zwischen den Mahlzeiten 4-5 Stunden Pause zu haben. In der Zwischenzeit kannst du Wasser trinken, Kräutertee oder auch mal einen schwarzen Kaffee (ohne Milch). Wenn wir nach 2 Stunden immer wieder eine Kleinigkeit essen, einen Kaffee mit Milch trinken, oder einen kleinen Keks, schüttet der Körper immer wieder Insulin aus. Und Insulinausschüttung heißt unter anderem: keine Fettverbrennung.

Jeder zuckerige Snack sorgt für einen Stop der Fettverbrennung.
Photo Credit: congerdesign auf Pixabay

Auch hilft uns diese bewusste Pause, zwischen den Mahlzeiten, achtsamer mit Hunger und Sättigung umzugehen. Denn oft essen wir einfach etwas, ohne überhaupt Hunger zu haben.

Mehr zum Thema: Warum Achtsamkeit mir hilft, endlich abzunehmen!

Mini-Fasten

Eine sehr hilfreiche Strategie ist es, der Bauchspeicheldrüse eine Pause zu geben. So hat der Körper Zeit, Energie zu verbrauchen und Fette zu verbrennen. Ganz simpel kann man dafür die kalorienfreie Zeit zwischen Abendessen und Frühstück verlängern.

Wie geht das? Versuche, zwischen der letzten Aufnahme von Kalorien am Abend (Abendessen oder letzter Snack) bis zum Frühstück, wann immer möglich, eine Pause von mindestens 12 Stunden zu erreichen (Wasser ist erlaubt, Kräutertee auch).

Kräutertee ist beim Mini-Fasten erlaubt, es hilft, Insulin zu normalisieren.
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Dieses „Mini-Fasten“ gibt dem Körper die Chance, aufzuräumen und alte, nicht mehr funktionierende oder kranke Zellen zu beseitigen. Es normalisiert auch den Blutzucker- und Insulinspiegel. So einfach geht das!

Bewegung

Bewegung sollte Teil eines jeden Tages Tages sein. Das muss kein intensiver Sport sein, aber alltägliche Bewegung, wie Spazieren gehen, Radfahren, Yoga oder einfach Dinge, wie Einkäufe, zu Fuß zu erledigen. Jede Bewegung braucht Energie und so sorgt Bewegung super effektiv dafür, den Blutzuckerspiegel zu senken. Dann muss der Körper nicht so viel Insulin produzieren. Das ist genau das, was wir wollen.

Priorität für guten Schlaf

Insulin steigt auch, wenn wir schlecht oder zu wenig schlafen und auch bei Schlaf-Apnoe, sogar, ohne die Ernährung zu verändern. Das kann Gewichtszunahme, hohen Blutdruck und Entzündungen verursachen [4]. Versuche daher, Schlaf zur absoluten "Chefsache" zu machen.

Mehr Tipps dazu gibt es hier:

Guter Schlaf ist ein zentraler Faktor für einen normalen Blutzucker- und Insulinspiegel.
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Labortests für Insulin

Man kann seinen Nüchtern-Insulinspiegel beim Hausarzt messen lassen. Der "Normbereich" für Insulin liegt dabei zwischen 2 und 22 (mitunter sogar 25) mU/l [8]. Der Optimalbereich liegt allerdings deutlich niedriger als der obere Normalwert. Ein Nüchtern-Insulin unter 3 mU/l wird als optimal bezeichnet, unter 5 mU/l ist noch "okay" [5].

Wenn der Blutzuckerspiegel (noch) normal ist, zeigt der Insulinwert, wie viel Insulin der Körper produzieren muss, um den Blutzuckerspiegel noch im normalen Rahmen zu halten. Er zeigt also die "Überstunden" der Bauchspeicheldrüse an. Daher ist das Nüchtern-Insulin ein guter, weil sehr früher Detektor für Schwierigkeiten mit dem Blutzucker.

Auffälligkeiten können 5 bis 10 Jahre festgestellt werden, bevor der Blutzucker auffällig wird. Daher wundert es mich immer wieder, dass dieser Wert bei der Labordiagnostik kaum zu Rate gezogen wird. Das ist das Beste, was man tun kann: Den Lebensstil zu verändern, noch lange bevor der hohe Blutzucker Nerven, Zellen und Gehirn geschädigt hat.

Mehr dazu auch hier: Welche Ernährung ist eigentlich wirklich „gesund“?


Mehr Artikel auf meiner Seite:


Quellen und Ideen zum Weiterlesen:

[1] https://www.drperlmutter.com/optimal-blood-sugar-preserves-the-brain/

[2] https://www.netdoktor.de/krankheiten/diabetes-mellitus/diabetes-test/

[3] Zucker in Zahlen (2017). Verfügbar unter: https://www.swr.de/odysso/zuckerkonsum-in-zahlen/-/id=1046894/did=18581030/nid=1046894/17x5mpm/index.html

[4] Elizabeth Boham MD bei Mark Hyman: Why eating less and exercising more is the recipe for weight gain.

[5] David Perlmutter MD (2018, 2nd Ed.): Grain Brain. The surprising truth about Wheat, Carbs, and Sugar--Your Brain's Silent Killers. Little, Brown Spark

[6] David Perlmutter (2017): Nie wieder - Dumm wie Brot: Schlank und schlau ohne Getreide. (Mosaik. Taschenbuch & Kindle)

[7] Tom O' Bryan (2016): The Autoimmune Fix. How to Stop the Hidden Autoimmune Damage That Keeps You Sick, Fat, and Tired Before It Turns Into Disease. Rodale. (p. 46ff), (deutsche Ausgabe)

[8] https://www.grossesblutbild.de/blutwerte-bei-diabetes.html

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